Scuole
Überblick
Als Scuole wurden in der Republik Venedig geistliche und karitative Korporationen, Zünfte und Gilden oder Zusammenschlüsse von auswärtigen Landsmannschaften bezeichnet. Auch die Synagogen wurden als solche akzeptiert und heißen daher in Venedig gleichfalls scuola. Zu den wichtigsten Aufgaben einer solchen Vereinigung gehörte die Betreuung der Sterbenden und ihre Beisetzung sowie die Versorgung der Hinterbliebenen, dazu die allgemeine Armenfürsorge. Neben den einflussreichen und vermögenden Scuole grandi gab es eine große Anzahl von Scuole piccoli, in denen sich Händler und Handwerker zusammenfanden. Marin Sanudo überliefert, dass es 1501 insgesamt rund 210 große und kleine Scuole gab. Nach dem Fall der Republik Venedig wurden die Scuole durch Erlass Napoleons (1806/07) aufgelöst.
Dem entging nach inständigem Bitten der Bürger nur die Scuola Grande di San Rocco. Die Scuola Grande dei Carmini (direkt neben der Chiesa Santa Maria del Carmelo) wurde 1840 neu gegründet. Das Gebäude, in dem eine Scuola ihren Sitz hatte, wird ebenfalls scuola genannt. Die scuole grandi, die aus den mittelalterlichen Geißelbruderschaften hervorgegangen sind, waren im Unterschied zu den scuole piccole, den „Kleinen Schulen“, die berufsständisch oder landsmannschaftlich organisiert waren, mitglieder- und finanzstarke karitative Vereinigungen, die in der Regel mehr als 500 Mitglieder aufwiesen. Die Führung der Scuole und die Verwaltung des Vermögens lag in den Händen von Bürgerlichen (Cittadini). Venezianische Nobili, Kleriker sowie Ausländer konnten als einfache Mitglieder aufgenommen werden, wobei bei den Scuole grandi nur Männer zugelassen waren.
Alle Scuole waren ähnlich dem Muster der politischen Organisation der Markusrepublik organisiert mit einer Generalversammlung (Kapitel), zeitlich befristet – meist auf ein Jahr – gewählten Vorständen (bei den Scuole grandi die banca aus dem Guardian grande, dessen Stellvertreter Vicario, dem für die Prozessionen verantwortlichen Guardian da matin und dem Schriftführer Scrivan), beigeordneten Räten, die die Arbeit überwachten (zwölf im Frühjahr gewählte Degani di tutt'anno und zwölf im Herbst gewählte Degani di mezz'anno) sowie zahlreichen untergeordneten Funktionsträgern, mit deren bezahlten Ämtern auch bedürftige Brüder versorgt wurden. Vermögende Brüder finanzierten oft Baumaßnahmen oder Kunstwerke für die Scuole privat.
Gentile Bellini: Prozession der Bruderschaft „San Giovanni Evangelista“ auf dem Markusplatz. Die Bruderschaftsmitglieder sind weiß gekleidet - eingebunden über Wikimedia Commons
Die Tätigkeit der Scuole Grandi wurde durch den Rat der Zehn überwacht, die Beschlüsse ihrer Vorstände bedurften der Bestätigung durch dieses Ratsgremium mit weit reichenden Vollmachten. Neben der karitativen Tätigkeit waren Repräsentation und Prachtentfaltung wichtigster Schwerpunkt im Wirken der Scuole. Die Mitglieder trugen die gleiche Tracht (toga veneta) wie die venezianischen Nobili, in unterschiedlicher Ausgestaltung und Farbe bei den Funktionsträgern. Sie organisierten prunkvolle Prozessionen und wetteiferten untereinander in der Prachtentfaltung ihrer Versammlungsgebäude sowie ihrer Außendarstellung vor allem bei Prozessionen. [1]
In Venedig findet man auch heute noch viele Örtlichkeiten, deren Bezeichnung auf die beruflichen Aktivitäten hinweisen, die hier ausgeübt worden sind. Viele dieser Tätigkeiten waren für das Leben der Menschen und somit auch der Stadt von großer Bedeutung. Sie reichten von einfachen Handelsformen wie der Deckung des täglichen Bedarfs, bis hin zu den gefragten, spezialisierten Berufen wie Seidenweber oder Goldschmiede. Von dieser Vielfalt an Berufen sind noch Spuren vorhanden, die man allenthalben an den Hauswänden findet und die heute als Straßenbezeichnungen dienen. Die einzelnen Berufe waren in den so genannten Scuole artigianali, das waren Berufsvereinigungen, ähnlich den gewerblichen Gilden bzw. Zünften, zusammengefasst.
Als Scuole wurden in Venedig aber auch die Bruderschaften der einzelnen Orden und der nationalen Gruppierungen benannt. Jeder Berufsstand stand unter dem Schutz eines Heiligen, dessen Festtag sehr feierlich begangen wurde. Die Scuole verfügten teilweise über eigene Gebäude, großteils waren sie aber in den verschiedenen Kirchen beheimatet, wo sie einen eigenen Altar hatten und gesonderte Räumlichkeiten nutzen konnten. Alle Scuole besaßen eine insegna, ein auf Stoff oder Holztafel gemaltes Emblem, welches das ausgeübte Gewerbe anzeigte. Dieses Emblem wurde im Palazzo dei Camerlenghi bei Rialto aufbewahrt, heute befinden sich rund vierzig Exemplare im Museo Correr. [1]
Scuola di San Giorgio degli Schiavoni
Die Scuola di San Giorgio degli Schiavoni befindet sich im Sestiere Castello an der Kreuzung der Fondamenta Furlani, der Calle Furlani und der Ponte de la Comedia in Venedig. Wegen der dichten Bebauung in diesem Gebiet ist die Scuola nicht auf den ersten Blick erkennbar. Rechts von der Scuola zweigt die kleine Gasse zum Corte San Giovanni di Malta ab, der zur Kirche San Giovanni di Malta führt und zum Haupteingang der Niederlassung des Souveränen Ordens der Malteserritter, die hier in Venedig....
Weitere Informationen zur Scuola di San Giorgio degli Schiavoni in Venedig finden Sie hier....!
Scuole Grandi
Im 17. Jahrhundert gab es sechs Scuole Grandi mit jeweils repräsentativen Bruderschaftsgebäuden:
1.: Scuola Grande di San Teodoro; gegründet 1258, 1552 zur Scuola Grande erhoben; zuerst wohl bei San Marco ansässig, später bei San Salvador zunächst in einem Albergo des Konvents (heute S. Marco 4826), schließlich wurde nach 1555 das eigene, heute noch vorhandene Gebäude errichtet;
2.: Scuola Grande di Santa Maria della Carità, gegründet 1260, heute Accademia Museum;
3.: Scuola Grande di San Marco, gegründet 1261; zunächst bei Santa Croce, seit 1437 bei Santi Giovanni e Paolo ansässig;
4.: Scuola Grande di San Giovanni Evangelista, gegründet 1261; zunächst in San Aponal ansässig, 1307 nach San Giovanni Evangelista umgezogen
5.:Scuola Grande di Santa Maria della Misericordia (oder Santa Maria della Valverde), gegründet 1308, in der Nähe der Sacca Misericordia;
6.: Scuola Grande di San Rocco, gegründet 1478 aus dem Zusammenschluss einer Rochusbruderschaft bei San Giuliano und einer bei Santa Maria Gloriosa; mehrfacher Sitzwechsel: 1486 mietete die Scuola den ehemaligen Palast des Patriarchen von Grado am Rio del Vin (etwa dort, wo heute die Casa Ravà ist (S. Polo 1099), seit 1489 ist sie bei Santa Maria Gloriosa ansässig;
Die bereits im 14. Jahrhundert gegründete Scuola der Dalmatiner:
Scuola di San Giorgio degli Schiavoni im Sestiere Castello;
Im 18. Jahrhundert kamen zwei weitere hinzu:
1.: Scuola Grande dei Carmini, im Sestiere Dorsoduro;
2.: Scuola Grande di San Fantin, auch genannt Scuola Grande di San Girolamo;
Weitere kleine Scuole in Venedig
- Scuola Dell'arte de Tiraoro e Battioro (San Stae)
- Scuola dei Calegheri (San Tomà)
- Scuola dei Mercanti (Madonna dell'Orto)
- Scuola dei Sartori - (Schule der Schneider)
- Scuola dei Boteri - (Schule der Büttner)
Quellenangabe:
1.: Die Informationen zur Geschichte der Scuole in Venedig basieren auf dem Artikel "Scuole" (Stand vom 27.11.2016) und stammen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der GNU-Lizenz [34 KB]
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